Mit Vollgas durch Peru
Nur zwei Wochen Zeit für das drittgrößte Land Südamerikas (nach Brasilien und Argentinien) – großes Dilemma für uns, weil wir ja eigentlich immer ALLES sehen und auch erleben möchten. Was also tun? Vollgasmodus anschalten!
Machen wir’s eben wie die Heerscharen an Pauschal-Touristen, die mittlerweile schon bei Lidl und Hofer (österreichische Aldi-Variante) ihre mundgerecht abgefertigte Andentraumreise im Schnelldurchlauf buchen können – gegen viel zu viel Geld und in Begleitung von deutschsprachigen Guides mit Stoppuhr in der Hand (“Fünf Minuten für Bilder… aaaab jetzt!”).
Nur machen wir wie immer alles ohne Guide, holen uns alle interessanten Infos vorab aus dem guten alten Internet und versuchen, die Haushaltskasse nicht zu sprengen.
Auf was können wir denn verzichten bzw. was dürfen wir auf keinen Fall verpassen in Peru?
- Machu Picchu? Weltkulturerbe! Leider trotzdem komplett plattgetrampelt und schon lange selbst für Luxusliebhaber bequem per Zug erreichbar – ABER immer noch das spektakulärste Überbleibsel der Inkas. Daher ein MUSS!
- Peruanischer Dschungel? Ursprung des Amazonas und absolutes MUSS – aber nur für diejenigen, die noch nie in der grünen Hölle unterwegs waren, so wie wir (in Bolivien) – also RAUS!
- Bergsteigen? Wenn drei Bergbekloppte und die Cordillera Blanca (außerhalb des Himalaya gibt es dort die höchsten Berge der Welt) aufeinandertreffen, ist alles klar – MUSS!
- Nazca-Linien? Für Erich von Däniken (muss man kennen! 😉 ) der endgültige Beweis für die Existenz von außerirdischen Lebewesen. Leider sieht man die Linien nur vom Heli aus und die haben angeblich eine bemerkenswert hohe Absturzrate und sind außerdem eh unbezahlbar. Also RAUS!
- Cusco? Liegt gleich neben Machu Picchu. War einst die Hauptstadt der von den Spaniern bis ca. 1600 ausgerotteten Inkas. Prachtbauten der Kolonialisten und alte Ruinen der Ureinwohner sorgen für einen tollen Mix. Einen Tagestrip entfernt wandert man durch regenbogenfarbene Berge und Salzsalinen. MUSS!
- Was noch alles RAUS! musste, lassen wir jetzt mal weg, weil’s zu arg frustriert 😉
Kurz mal auf die Google-Maps-Karte geschaut – okay, passt alles zusammen und geht sich aus (österr. für: “zeitlich machbar”) – aber nur im Vollgas-Modus und ohne Atempause. Also los!!
Taschen packen am Titicacasee – rein in den Bus, raus an der Grenze, Ausreisestempel Bolivien, zu Fuß nach Peru, Einreisestempel, wieder rein in den Bus und über Nacht unausgeschlafen nach Cusco. Dort angekommen wurden wir gleich vom lustigen und hilfsbereiten Touristenfänger Jimmy empfangen, der sogar schon häufiger in Deutschland war und wusste, dass sich das Land in “Weißwurschtfresser”, “Fischköpp” und “Spätzlefresser” aufteilt! 😀
Die Startschwierigkeiten (Straßenköter pinkelt auf meinen Rucksack unmittelbar vor der lausigen Airbnb-Unterkunft – wie sich im Nachhinein herausstellte – und die auch noch viel zu spät bezugfertig wird) wurden von der entspannten und gastfreundlichen Art der Peruaner wieder wettgemacht. So informierten wir uns erst einmal in einer Agency und wurden von der netten Mitarbeiterin prompt in ein Auto gesetzt, um in einem authentisch-einheimischen Restaurant eine der traditionellsten peruanischen (bzw. Anden-) Gerichte zu verputzen:
Überfahrene Ratte!
Wahlweise auch Ratte am Spieß, inklusive Koriander-Gedärmewurst:
Schaut, nachdem alles aufgegessen wurde, gar nicht mehr so spektakulär aus und geht mit einem peruanischen Bierchen gut runter. Gut erkennbar im Bild unten – Antjes unglaubliche Essgeschwindigkeit: Tibis Teller schon weggeräumt, meiner leergefegt, Antje fängt dann mal an:
Was ausschaut wie eine nette Ratte ist in Wirklichkeit… …Kuscheltierfreunde jetzt besser wegschauen… …Meerschweinchen! (südamerikanisch: Cuy)! Die Nager sind hier ganz schön groß und werden in der Regel zu besonderen Anlässen gegessen. Schmeckt wie eine Kreuzung aus Grillhühnchen und Spanferkel. Antje (ehemalige Streichelzoologin und Mama von zwei Meerschweinchen) musste sich erst etwas überwinden, bis der Teller leer war.
Kurze Anekdote zu den besagten zwei Kuschel-Cuys. Sie hießen Susi und Cindy. Susi wurde irgendwann aus unerfindlichen Gründen immer fetter, bis eines morgens aus zwei Meerschweinchen fünf wurden und Cindy unbenannt werden musste auf Cinderich! 😀
Gleich am nächsten Tag hieß es: Keine Zeit verplempern, schlafen können wir in zwei Wochen noch. Deshalb erst einmal quer durch die Stadt…
… an der gehissten regenbogenfarbenen Inkaflagge vorbei, die wir auch schon in Bolivien gesehen haben und danach noch in Ecuador sehen sollten, und die sicher schon einige Male mit der Regenbogenfahne der Schwulen- und Lesbencommunity verwechselt worden ist. 😉
…zu den Collectivos (Sammeltaxis), um zu den 1,5h entfernten Salineras de Maras (Salzsalinen) zu fahren. Dort läuft aus einem unscheinbaren Loch, in einem schluchtförmigen Seitental des Valle Sagrada (Heiliges Tal), eine stark mineralienhaltige Salzlösung aus dem Berg heraus:
Die lauwarme Quelle, deren Wasser sich so ölig anfühlt wie im Toten Meer, wurde bereits um 1400 von den Inkas zur Salzgewinnung genutzt und seither von ca. 300 indigenen Familien genutzt und von Generation zu Generation weitervererbt. Aktuell finden sich am Hang ca. 3000 (!) der Salzgewinnungsbecken:
Wie unglaublich clever ausgeklügelt das Bewässerungssystem sein muss, um mit einer einzigen Quelle 3000 Becken einer Salzterrasse zu speisen, kann man sich vorstellen:
Über einen Hauptkanal (im Bild oben zu unseren Füßen), der am obersten Rand der Terrassen entlang verläuft, werden durch unzählige Seitenkanäle, welche geöffnet und versiegelt werden können, die 30 cm hohen Becken bei Bedarf geflutet.
Die Flüssigkeit verdampft unter der starken Hochlands-Sonne rasch und zurück bleibt das weiße Gold der Inkas, welches abgeschürft und in Säcke verpackt wird:
Wir durchwandern die Schlucht bergab, bis wir im Heiligen Tal des Urubamba-Flusses ankommen, entscheiden uns gegen den hochmotorisierten peruanischen Supersportwagen…
… und nehmen den Bus in Urubamba zurück nach Cusco.
Um Cusco herum und im Heiligen Tal gibt es unzählige Inkastätten und andere Attraktionen zu bestaunen, für die wir aber leider keine Zeit mehr und auch kein Ticket hatten. Gratis ist kaum was hier in der Gringo-Hauptstadt, die nicht nur bei den Backpackern, sondern vor allem bei den Pauschalreisenden hoch im Kurs steht. Das Zehn-Tages-Touristen-Ticket(boleto turistico) für die umliegenden Sehenswürdigkeiten (zehn in Cusco, sechs im Heiligen Tal) kostet aktuell 36€ pro Person und lohnt sich nur, wenn man auch die Zeit dafür hat. Dann eben beim nächsten Mal. 😉
Immerhin gingen sich ein paar Streifzüge durch die Stadt aus. Am Hauptplatz der Altstadt (Plaza de Armas) kommt man sich vor wie in Thailand – überall werden Massagen zu Spottpreisen angeboten, um den busfahrtsgeplagten Touris die Wirbelsäule wieder zurechtzukneten. In einem Textilgeschäft haben wir dann auch noch die große “alles Handarbeit”-Lüge endgültig aufgedeckt. “Alles Meterware”- klingt ja für den Touristen auch irgendwie blöd! 😉
Der letzte Inka-König… bewegt sich nur, wenn man ne Münze springen lässt. So oder so ähnlich muss er wohl ausgesehen haben: Viel Bling-Bling – könnte in jedem Hiphop-Video die Hauptrolle übernehmen:
Atahualpa, der letzte und gleichzeitig mächtigste aller Inkakönige, wurde 1532 von den Spaniern in den Hinterhalt gelockt und nach mehreren Monaten der Gefangenschaft und trotz ganzer Räume voller Inkagold als Lösegeld gefoltert und getötet. Die Gefolgschaft Atahualpas wurde in einem halbstündigen Gemetzel nahezu ausgelöscht (5000 Inkas gegen 200 Eroberer mit Waffen und Pferden) bei dem ca. 4000 Inkas den Tod fanden und ganze zwei Spanier verletzt wurden.
Cusco liegt in einem langgestreckten Hochtal auf 3400m Höhe und wurde der Sage nach von den beiden verheirateten Kindern der Sonne gegründet. Nach europäischer Zeitrechnung geschah dies im 11. oder 12. Jahrhundert. Mit etwas Phantasie (und nachdem ich das überprüft hab eher noch ein paar illegalen Hilfsmitteln intus) soll der damalige Grundriss der Stadt nicht unabsichtlich die Form eines Pumas gehabt haben.
Die Inkas waren die Baumeister ihrer Zeit. Beweise dafür findet man in Cusco an beinahe jeder Ecke. Jahrhunderte alte Mauern, die so präzise aus knüppelhartem Granit zusammengepuzzelt wurden, dass sie Bürgerkriege und sogar Erdbeben überstanden haben, welche das restliche Cusco dem Erdboden gleich gemacht haben, wurden als Grundmauern für Gebäude und Kathedralen genutzt:
Für die zwei folgenden Tage hatten wir uns in der netten Meerschweinchen-Agency für 77€ pro Person den Trip nach Machu Picchu gebucht, inkl. Bustransfer, Parkeintritt, Essen und Übernachtung. Bericht folgt als nächstes! 😉
Prost Cusco – war schon fast eine Beleidigung unsererseits, nur so kurz vorbeizuschauen. Hast definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient. Wir geloben Besserung und trinken das peruanische Nationalgetränk Pisco Sour auf dich(Traubenschnaps + aufgeschäumtes Eiweiß + Limettensaft + Zuckersirup + Eis).
Wer nicht mehr warten will, denn es wird wieder dauern ;-), kann sich schonmal oder nochmal das Best-of-Peru Video anschauen! 🙂
Fun-Fact des Tages – heute sind wir seit genau 100 Tagen auf Weltreise!!! 🙂
Wir sind heute früh aus der kolumbianischen Karibik geflüchtet, die während unseres Aufenthaltes durch die stärksten Regenfälle, die wir bisher erlebt haben, heimgesucht und halb überflutet wurde – unweit des höchsten Küstengebirges der Welt.
Gleich morgen steigen wir wieder in den Flieger und verlassen den südamerikanischen Kontinent in Richtung Mittelamerika!! 🙂 Aber wir kommen wieder – das ist sicher!
Grüße aus Bogota
Antje & Stephan
3 Gedanken zu „Cusco – Hauptstadt der Inkas“
@Stephan / Ekelhaf 😉
Warum?? Weinbrand mit Ei is super!! Oder meinst die Ratte? ?