Happy-Hippie-Life in Goa
Indien – das Land, in das ich immer schon einmal reisen wollte. Warum? Das kann ich gar nicht genau sagen… Asien zog mich wegen der Kultur, der Religionen und sicher auch aufgrund des kulinarischen Angebotes und nicht zuletzt wegen der schönen Strände magisch an. So bereiste ich seit 2015 in so ziemlich allen Schulferien – ja, als Lehrer hat man sooooooo viele Ferien – Sri Lanka (2x), die Malediven, Thailand und Bali. Immer allein, immer individuell und immer mit bleibenden positiven Eindrücken im Rückreisegepäck!
Nun standen die Osterferien 2018 an, beste Reisezeit für Asien! Und dann war da ja noch der kleine Bruder mit seiner Freundin, die da irgendwo in der Welt unterwegs waren. Und so ergab es sich, dass deren Reiseplan tatsächlich Indien beinhaltete und das auch noch in meinen Osterferien, wenn auch nur für eine Woche. Egal, perfekt! Aber nur für eine Woche nach Indien? Nö, ich hab ja schließlich zwei Wochen Ferien. Also doch eine Woche allein nach Indien? Als Frau? Naja, man liest und hört einiges zu diesem Thema. Nach intensiver Recherche stand fest: Als Frau allein nach Indien – besser nicht! Aber egal, wird schon klappen! Wäre nicht das erste Mal, dass mich alle für verrückt erklären und meine Eltern hinsichtlich meiner Reisepläne schier wahnsinnig werden.
Entscheidung getroffen, weiter geht’s! Vier Wochen bleiben noch für die Vorbereitungen.
1. Ziel aussuchen: Goa soll es werden, weil Strand & Yoga soll die Priorität der ersten Indien-Woche werden. Der Flug ist schnell gebucht.
2. Impfen! Wo ist eigentlich mein Impfpass?! Etwas konsterniert stellt mein Arzt fest, dass ich quasi gegen nichts mehr geimpft bin. Naja, ist ja die letzten Jahre in Asien immer alles gut gegangen. „Aber Indien, nein, ohne Impfungen nach Indien, Frau Klees, das geht nicht.“ Normal lasse ich mich da ja nicht kirre machen, aber ok, der Doc wird´s schon wissen. So gönne ich meinem Körper in Mitten der schlimmsten Grippewelle seit 10 Jahren zweimal Hepatitis A und B, Diphterie, Polio, Tetanus und als Dessert noch eine kleine Typhus-Spritze. Die Antikörper tanzen Samba! Die Vorfreude und eine Menge Handdesinfektionsmittel verhindern wohl den Ausbruch sämtlicher Nebenwirkungen und der Influenza…
Der Abreisetag ist gekommen, der Rucksack steht parat. Mit 8kg und nur halb gefüllt, versetzt er meinen Bruder jetzt schon in Verzücken, da ich so die vorangekündigten 10 kg Souvenirs „from all over the world“ mit nach Hause nehmen kann. Mit der Lufthansa fliege ich nach Mumbai. Während des Fluges gehen mir nochmal alle Warnungen, die ich so mit auf den Weg bekommen habe, durch den Kopf: Von „Lauf bloß nicht allein dort rum!“ über „Tritt niemals in Pfützen, dort lauern die übelsten Parasiten. Einem Freund ist fast das Bein abgefault davon.“ und „Iss niemals Ungekochtes!“ bis hin zu „Putz dir niemals die Zähne mit Leitungswasser!“ Dann schlafe ich ein. Besser so! In Mumbai erwartet mich dann das längste Immigration-Prozedere ever. 3,5 Stunden stehe ich mit meinem Visum (!) in der Schlange, damit mir der Officer, als ich endlich Erste in der Schlange bin, sagt, dass er seinen Schalter schließt, weil das Fingerabdruck-Lesegerät nicht funktioniert. WHAAAATTT??? Ich besinne mich auf die Yoga-Lehre und atme meinen Wutausbruch weg. Zum guten Schluss schaffe ich es gerade noch so zu meinem Anschlussflug und komme morgens in Goa an.
Mit einem Taxi lasse ich mich nach Agonda im Süden des Bundesstaates fahren. Mein Fahrer ist ein äußerst religiöser Hindu, was im überwiegend christlich geprägten Goa wohl schon etwas Besonderes ist.
Ganz sicher besonders ist, dass mein Fahrer jedes Mal beim Passieren einer Kuh, eines kleinen Tempels oder beim Überqueren einer Brücke eine umfangreiche Hindu-Zeremonie feiert: Hände weg vom Lenkrad, damit zweimal übers Gesicht fahren, Hände vor dem Herz zusammenbringen, den aufs Armaturenbrett geklebten Gott Ganesh und ein an den Rückspiegel geknotetes Stück Stoff berühren. Ok, Zeremonien kenne ich aus Bali, aber beim Autofahren??? Und bei diesen Straßenverhältnissen??? Atmen, Christine, atmen! Zum Glück erweist sich der nette Fahrer als geübt in der englischen Sprache, was die anderthalbstündige Fahrt zu einer umfangreichen Einführung in die Geschichte und Gewohnheiten dieser Region werden lässt.
Angekommen in Agonda stelle ich gleich fest, dass meine Wahl des Reiseziels eine gute war. Die geteerte „Hauptstraße“, die im Übrigen die einzige im Ort ist, geht sogleich in eine unbefestigte Piste über, auf der maximal ein Auto in eine Richtung passt.
Rechts und vor allem, links auf der Strandseite, passiere ich viele Hütten, die aus Palmblättern und ähnlichen Materialien konstruiert wurden. Lächelnde, kleine (also noch deutlich kleiner als ich!) Inder begrüßen mich und zeigen mir den Weg zum “Monsoon“, meiner Unterkunft für die nächsten sechs Nächte.
Die Kühe, die mir auf dem Weg entgegen kommen, betrachte ich noch mit etwas Skepsis, was sich nach einem Tag allerdings bereits gänzlich legen wird. Warum? Weil die dort ÜBERALL sind: am Strand,
im Restaurant,
im Loungebereich,
auf der Müllhalde im dicksten Verkehr, neben der Strandliege, ÜBERALL. Und sie sind heilig für die Hindus! So werde ich in den kommenden Tagen beobachten, wie man ihnen huldigt, sie füttert, schmückt und rundum verehrt. Bald erblicke ich auch schon mein Guesthouse und flatsch, trete ich auch schon in eine Pfütze. Hmm, Pfütze, da war doch was… Der eiskalte Begrüßungsdrink lässt mich die Pfützenproblematik wieder vergessen.
Mein Zimmer ist klein, relativ sauber und heiß, sehr heiß, also ca. 35 Grad. Ein Mitbewohner in Form einer handtellergroßen Kakerlake begrüßt mich gleich im Badezimmer. Hello, nice to meet you! Egal, ich bin endlich am Ziel angekommen. Da das Guesthouse direkt am breiten, gelben Sandstrand liegt, schmeiße ich mich in den Bikini und ab geht’s zuerst mal ins Meer. Glasklares, erfrischendes Wasser, kaum Menschen, dafür Kühe. Schnell ist die lange, anstrengende Anreise vergessen. Für den nächsten Tag suche ich mir abends noch eine Yogaschule, was sich als nicht ganz so einfach rausstellt, da in Agonda eigentlich die Saison schon vorüber ist. Im „Sampoorna“ werde ich am südlichen Ende des Strandes dann fündig und vereinbare gleich tägliche Yoga-Stunden morgens um 8.30 Uhr.
Seit einem dreiviertel Jahr praktiziere ich zweimal in der Woche Yoga. Die Lehrer im Sampoorna sollten mir in den kommenden fünf Tagen zeigen, dass das hinsichtlich Kondition und Vorkenntnissen nichts, rein gar nichts zu bedeuten hat.
Mein Tagesablauf in den kommenden Tagen ist schnell zu umschreiben: Aufstehen – Yoga – Frühstück –
– Strand – Abendessen – Schlafen=Schwitzen.
Jeden Morgen mache ich mich auf den zwanzigminütigen Weg zur Yogaschule.
Dort angekommen, werde ich bei 30 Grad zusammen mit ca. vierzig anderen Yogis in der Kunst des „Vinyasa Flows“ unterrichtet. 1,5 Stunden des Atmens, Kräftigens und Dehnens in den unmöglichsten Posen.
Die täglich wechselnden Lehrer nennen ihre Stunden „Power-Yoga“ oder „Rocket-Yoga“. Ihr wisst nicht was das ist? Ich wusste es auch nicht. Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich mir die Teilnahme wohl nochmal überlegt.
Kurz: Man hätte es auch „Sweat like hell“ nennen können. Bereits nach zehn Minuten standen Pfützen auf meiner Matte – ohne Parasiten, dafür mit allen Elektrolyten die mein armer, kleiner Körper zu bieten hatte. Auf den Muskelkater des Grauens gehe ich nicht weiter ein. Egal, ich habe es durchgezogen, und am letzten Tag meinem Körper dafür ein großes Namasté entgegen gebracht!
Was treibt man noch so in Agonda? Man genießt ayurvedische Massagen, checkt das Warenangebot in den kleinen Geschäften entlang der Straße, packt alle seine Verhandlungskünste aus, trifft andere Reisende und tauscht sich mit ihnen aus, lässt sich das Vorhaben mit einem Roller am indischen Straßenverkehr teilzunehmen ausreden, trinkt Chai – viel Chai,
geht am Strand spazieren,
streichelt die heiligen Kühe und man isst: Chicken Tikka Masala (würziges, dickflüssiges Tomaten-Hühnchen-Curry),
Chapati und Naan (Fladenbrot) mit Dhal (Linsengericht),
Paneer (eine Art Hüttenkäse) in rauen Mengen, Obst (Da war doch was von wegen nur Gekochtes essen… Vergessen!), Momos (gefüllte Teigtaschen), Thali (großer Teller mit verschiedenen Dhals und Currys, Joghurt, Reis und Brot), Biryani (Reisgericht)…
Und dazu ein „Kingfisher“ Bier (das selbstverständlich nicht an das gute alte Ur Pils rankommt).
In einigen Gesprächen mit den Guesthouse-Betreibern wird mir erklärt, was der Monsun für Indien und insbesondere für Agonda bedeutet: Der von Indern so sehr verehrte Monsun heißt für Agonda, dass alle (!) Bambus- und Palmblatt-Hütten komplett zurückgebaut und erst im November für die neue Saison wieder aufgebaut werden. Ansonsten würde der Monsun alles zerstören. Ich gehöre daher zu den letzten Gästen der Saison. Hochbetrieb ist über Weihnachten und Neujahr. Dann ist der Ort ziemlich überfüllt und kommt eventuell auch dem nahe, was man so über Goa lesen kann. In der Nachbarbucht namens Palolem ist übrigens die Anfangsszene von einem der „The Bourne Identity“-Filme gedreht worden. Dort soll es sehr touristisch zugehen. Ich stelle fest, dass ich tatsächlich alles richtig gemacht habe und packe somit am letzten Abend tiefenentspannt meinen Rucksack, um morgens nach Neu Delhi zu fliegen, wo ich mich mit Stephan, Antje und Martin treffen werde.
Zum Abschluss: Ein Hoch auf das L(eichen)eitungswasser in Agonda, welches mich trotz mehrfacher Nutzung zum Zähneputzen nicht krank gemacht hat!
In Delhi angekommen steuere ich gleich den Treffpunkt im Airport an, den ich mit Martin, der aus Deutschland angereist ist, vereinbart hatte. Martin war nirgends zu sehen. Ok, atmen! Suchen, atmen, Chai, suchen, atmen, Chai! Kein Martin in Sicht. Ok, dann warte ich eben drei Stunden bis Stephan und Antje aus Nepal ankommen. Und da sind sie! Wiedersehensfreude! Und dann ist da auch Martin, hurra! Er wartet seit 6 Stunden draußen VOR dem Treffpunkt-Gate 6. Yeah, endlich ist die illustre Runde vollständig. Und es kann weiter- bzw. losgehen. Aber nicht ohne neue Challenge von meinem Bruder an mich: „Du musst unbedingt unauffällig und schnellstmöglich Antjes Ringgröße ausfindig machen und sie ablenken, damit ich einen Ring besorgen kann!!!“ Ähhh, ja, gewiss, nichts leichter als das! Wie diese Story ausgegangen ist und den weiteren Verlauf der Reise, wird dann in separaten Blogbeiträgen zu lesen sein…
Mein Fazit jedenfalls: Indien ist ein traumhaftes Land mit toller Natur, freundlichen Menschen, bunten Farben, Armuts- und Hygieneproblemen und vielfältiger Esskultur.
Ich komme wieder und empfehle jedem mitzukommen!
Namasté India!
2 Gedanken zu „Namasté India – ein Gastbeitrag von Christine“
Trotz intensiver Suche konnte ich keine Rechtschreibefehler oder grammatische Unzulänglichkeiten finden ;-))))) Nicht nur Stephan beherrscht die Kunst, seine Reiseerlebnisse auf so interessante und amüsante Weise niederzuschreiben! Glückwunsch! Wir freuen uns schon auf den nächsten Blog!
Sehr schöner Bericht…. Texte verfassen 1+….setzen! ?