Fast bis an die Grenze zu Pakistan
7. April – 9. April: Pushkar
Ahh Pushkar. Ort des Friedens und der Spiritualität. Idylle am kleinen See. Hippies und Marihuana-Duft, der durch die engen Gassen der sympathischen Kleinstadt schwelgt.
Stimmt. Und wie das an einem spirituellen Ort so ist, tummeln sich natürlich Menschen, die damit ihre Geschäfte treiben. Aber der Reihe nach.
Pushkar ist ein kleines Dörfchen, das seit jeher als Pilgerstätte gläubiger Hindus gilt.
An einem See, an dessen betonierten Ufer man sich die Schuhe ausziehen muss, frönen glaubende Inder fröhlich ihren Baderitualen. Kühe klemmen sich durch die engen Straßen vorbei an hippen Touristen, die sich barfuß einen Weg an den heiligen Kuh-Exkrementen vorbei suchen.
Kaum am kleinen See angekommen, drückt uns ein aufdringlicher Inder ein paar Rosenblätter in die Hand und führt uns zu seinem „Priester“-Freund ,der schon am Ufer wartet. „Now we’re praying“ / „Jetzt beten wir“ – das mache man hier so. Ok. Etwas skeptisch und wohlwissend über eine „touristen-Masche“, die hier seit Jahrzehnten betrieben wird, begeben wir uns in die Obhut des Scharlatans, der uns viele Fragen zu unserer Herkunft, Familie und weiteren Reiseplänen stellt. Als wir dann auf Hindi etwas nachprabbeln sollen (angeblich, dass alle die, wir eben genannt haben, gesegnet werden) verweigern wir uns und brechen die Aktion ab, weil uns das doch zu unheimlich wird. Dann geht’s an die Spenden. Ich zücke den Geldbeutel und gebe aus Anstand – und weil ich die Jungs loswerden will – ein paar Cent, aber das ist dem guten Mann viel zu wenig „No you give me 500“ (Rupien). Wir diskutieren und wimmeln ihn schließlich ab. Irre Erfahrung. Im Nachgang hätte Stephan gerne mit „No, I give you ‚Backpfeif‘“ auf seine Forderung geantwortet.
Ok, das war nun wirklich eine der ganz wenigen negativen Erfahrungen die wir in Indien gemacht haben, daher ist die Aktion auch schnell wieder vergessen.
Insgesamt ist Pushkar ein sehr friedliches und fast schon magisches Dörfchen. Es gibt einen nur zu Fuß erreichbaren kleinen Bergtempel, an dem Abends gebetet wird, wenn sich der Ort im Sonnenuntergang in orangenes Licht taucht.
Außerdem begegnen wir einer mobilen Müllabfuhr: ein kleiner Pickup, der durch die Gassen fährt. Auf Zuruf kommen von überall Menschen und laden ihren Unrat auf der Ladefläche ab. Geniales System.
Mit dem Taxi geht es weiter nach Jodhpur.
9. April – 10. April: Jodhpur
In Jodhpur gibt es einen wunderschönen Stadtkern, in dem alle Häuser blau angemalt sind. Das diene dem Fernhalten von Moskitos.
Ein mächtiges Fort erhebt sich stolz über der Stadt. Noch am Tag der Ankunft können wir es mit Hilfe eines genial gestalteten Audioguides besichtigen. Die Bilder von hier sind atemberaubend.
Bild oben: Erwischt!
Bild unten: Opium-Opi im Fort – Zitat: “Opium is good for sex!”
Bild oben: Blick zum Palast des Maharajas
Bild unten: Eine von 16258 Inder-Selfiesessions
Bild oben: A-Hörnchen
Bild unten: Indischer Clint Eastwood
Bild unten: Blick vom Fort zum Jaswant Thada (oben links)
Bilder unten: Das Jaswant Thada (Mausoleum der Königsfamilie, 1899 erbaut)
Bild unten: School of Rock
Auch können Stephan und ich noch einen exklusiven Blick auf einer kleinen Landzunge, die sich mitten in die blaue Stadt erstreckt, erhaschen.
Weitere Impressionen aus Jodhpur:
Bilder oben: Tiefer Stufenbrunnen inmitten der Stadt – als Swimmingpool für die Jugend umfunktioniert
Bild unten: Marktplatz
Bild oben: Marktplatztreiben. Im Hintergrund der Uhrturm
Bild unten: Der Uhrtum und Maharaja-Palast bei Nacht, von unserem Hostel-Dach aus
Am Abend beschließen wir, ins Kino zu gehen. Dort sind die Sicherheitsvorkehrungen in etwa so wie am Flughafen (Metalldetektoren). Der Film: Baaghi 2 [hier youtube link zum Trailer], auf Hindi. Das kann ja was werden.
Im Kino staunen wir nicht schlecht ,als Familien mit ihren 4, 5, 6-jährigen Kindern aufschlagen und das Ganze wohl als kleinen Abendausflug feiern. Ok, warum auch nicht in einen Actionfilm gehen, in dem gefühlt 5000 Menschen abgeknallt und etwa 10.000 Liter Blut vergossen werden.
Das Highlight bietet sich dann nach dem Vorschau-Part, als sich plötzlich das ganze Kino erhebt, eine indische Flagge auf der Leinwand erscheint und jeder die Nationalhymne trällert.
Los geht’s. Wir verstehen natürlich kein Wort, aber der Handlung kann man auf Grund ihrer geringen Komplexität schnell folgen. Es wird geballert, geschmust und getanzt. Alle Bollywood-Klischees erfüllt. Wir sind happy. Dass zwischendurch ein paar Kinder vor der Leinwand fangen gespielt haben, beeindruckt uns nicht. Vielleicht war ihnen der Film zu langweilig?
Am nächsten Tag beschließen wir, neben einer obligatorischen Tuk-Tuk Stadtführung ein paar Gewürze einzukaufen.
Bilder unten: Mandore Garden
Wir bekommen einen „Wie unterscheide ich echten Safran von Fake-Produkten“-Kurs und kaufen fleißig Curries ein. Danach belegen wir einen authentischen indischen Kochkurs, in dem wir eine Menge über Ayurveda, die lokalen Essgewohnheiten, Zubereitung und natürlich die Zutaten an sich lernen. Sehr lehrreich!
Bild oben: Auf dem Weg zum Spinat-Curry
Bild unten: Der perfekte Chai-Masala (Gewürz-Tee)
Bild oben: Biryani-Reis mit Früchten
10. April – 14. April: Jaisalmer
Ab in den Nachtzug. Von Jodhpur aus geht es nach Nordwesten in die Wüste Thar. Im Nachtzug schläft man zwar rustikal, aber durchaus gut auf den heruntergeklappten Pritschen. Die Zeit vergeht schnell und wir wachen in der kleinen Wüstentadt auf, wo wir uns ausnahmsweise ein Hotel mit Pool gegönnt haben.
Am nächsten Tag steht eine Kamelsafari an ,die wir mit Thar Desert Tours gebucht haben.
Der Chef persönlich fährt uns zum Büro und bittet uns erst einmal, seine Firma nach der Tour unbedingt auf Tripadvisor zu bewerten (das tat er ca. 50 mal im Lauf der nächsten Tage).
Wir werden von seinem Vater im Jeep zu den Kamelen gebracht, die bereits chillend am Boden auf uns warten.
Gemütlich reiten wir durch die kahle Wüstenlandschaft, während sich im Popo-Bereich schon ein leichtes Ziehen bemerkbar macht, aber dazu später mehr.
Unser Guide ist sehr freundlich und zuvorkommend und schafft es, uns in den Pausen unseres Trips durch die 45 Grad heiße Wüste mit minimalem Aufwand stattlich zu bekochen. Der Boden dient dabei stets als kleiner Ofen und mitgebrachte Bleche und Töpfe als Kochgeschirr, das er mit Sand saubermacht.
Wir reiten schließlich durch ein paar atemberaubende Dünen, sehen den wunderschönen Sonnenuntergang und verbringen die Nacht unter freiem Himmel.
Am nächsten Tag werden die Schmerzen im Schritt schon etwas heftiger. Inzwischen tut jede Schaukelbewegung der Kamel, die das herzlich wenig kümmert, weh. Ein kleiner Galopp-Marsch zwischendurch macht das Ganze dann zu einem Höllenritt.
Die kalte Cola am Ende der Reise lässt uns das aber schnell wieder vergessen.
Wieder zurück in Jaiselmer verbringen wir den letzten Abend im bewohnten Fort der Stadt, das durch seine unglaublich filigranen Wandverzierungen glänzen kann.
Am nächsten Morgen fliegen wir vom grade eröffneten Flughafen von Jaiselmer zurück nach Delhi, wo wir unseren Rajasthan Trip gemütlich ausklingen lassen.
Indien war ein unfassbares Erlebnis. Wer Kultur in seiner reinen Schockform erleben will und mal keinen Beach-Badeurlaub buchen möchte, sollte noch morgen sein Ticket stechen. Macht euch auf ein intensives Erlebnis, nicht nur für Nase und Gaumen gefasst. Bringt starke Nerven, Verhandlungsgeschick und vielleicht ein paar Ohrstöpsel mit und lasst euch ansonsten einfach vom Vibe und Glanz der Millionenstädte mitreißen.
Indien, ich komme wieder.