Über Gonder in die Simien Mountains
Während der vier Tage in Bahir Dar versucht der Hotelmanager Solomon täglich, uns eine Tour in die Simien Mountains zu verkaufen, dabei geht er jeden Tag um ein beträchtliches Stück mit dem Preis runter bis ein unschlagbares Angebot inklusive Abholung daraus wird und wir am Ende einfach zuschlagen müssen.
Er organisiert uns noch einen Minibus nach Gonder, wo wir einen kleinen Zwischenstopp einlegen wollen, wir verabschieden uns, die Rucksäcke werden am Dach festgeschnallt, wir zahlen im Voraus und die 180km-Fahrt kann bei strahlendem Sonnenschein losgehen. Wieder einmal sitzen viel zu viele Leute im Auto, es ist eng und kuschelig. Dann laden wir noch ein paar Kartons mit Gras- oder Getreidehalmen ein, die wir auf dem Weg ausliefern werden (die kommen auf den Schoß der Passagiere!) und es wird noch enger.
Nach einer guten halben Stunde Fahrt halten wir an und ein junger Mann mit Rechnungsblock in der Hand sagt uns, wir müssten jetzt für das Gepäck bezahlen. Moment. Wir reisen seit 10 Monaten um die halbe Welt, nein um die ganze und bei jedem Transport war immer noch das Gepäck inkludiert. Nachdem man uns darauf hinweist, dass wir ja aussteigen können, wenn wir nicht bezahlen wollen, sind wir sauer, diskutieren noch weiter und handeln den überhöhten Preis auf ein Viertel des genannten Betrages hinunter, es geht weiter. Dann merken wir, der Typ ist gar nicht mehr im Auto, gehört vielleicht sogar gar nicht zum Unternehmen?
Wir mutmaßen: Der Betrüger wurde wahrscheinlich vom Fahrer angerufen, so nach dem Motto: He Fritzi, ich hab da zwei Touristen im Bus, komm um diese Zeit an jenem Ort mit deinem Rechnungsblock vorbei und versuch, sie abzuzocken – wenn´s klappt, bekomm ich 50 Prozent 😉 Solomon bestätigt uns im Nachhinein, dass das Gepäck im vereinbarten Preis ganz sicher inkludiert war… Es ist also schon wieder passiert! 😉 Memo: Gefühlt hat jeder Äthiopier einen Rechnungsblock in seiner Jackentasche, so kann man solche linken Aktionen immer schön offiziell erscheinen lassen 😉
2. STOP: GONDER
Im strömenden Regen erreichen wir Gonder, unsere Rucksäcke sind da oben auf dem Dach natürlich schön nass geworden und wir müssen noch ein Stück zu Fuß in unser Hotel, wo wir zur Frustbekämpfung Pizza bestellen (nirgends gab´s öfter Pizza als in Äthiopien!). Dabei erleben wir gleich wieder eine äthiopische Besonderheit – die Flexibilität:
Antje: Could I have this pizza, but with extra olives?
Kellner: If you want olives, you have to order the other pizza (with olives).
Antje: But I would pay more for the extra olives…
Kellner: No. Not possible. –> WTF!? 😀 😀 😀
Nachdem wir unsere Sachen zum Trocknen im ganzen Zimmer verteilt und uns ausgeruht haben, ist es schon wieder Zeit fürs Abendessen, im Lonely Planet haben wir das „Four Sisters“ gefunden und wir fragen nach dem besten Weg dorthin.
Rezeptionist: Oh! This is far, you have to take a Tuktuk.
Stephan: No, we want to walk.
Rezeptionist: Walk? It is very far! You have to go right uuuuuntil the castle, then you surround the castle and go left.
Stephan: But can´t we go left and right? I thought it was only 200m from here.
Rezeptionist: Yes, this is also possible. –> Warum einfach, wenn´s auch kompliziert geht!? 😀 😀 😀
Schließlich gehts wirklich ganz einfach und wir sind unter den ersten Gästen. Es wirkt wie ein äthiopisches Restaurant in Europa und im Laufe des Abends ist es voll mit Touristen, dank Lonely Planet.
Man empfiehlt uns Injera mit einer Variaton von Beilagen, begleitet mit Tej – Honigwein, der eher schmeckt wie unser Sturm (dt.: Federweißer).
Während wir warten, sitzt eine der four sisters bei der coffee ceremony und röstet Kaffeebohnen. Die Idee dahinter, dass der angenehme Kaffeeduft den Raum erfüllen soll, geht nicht ganz auf, weil die nette Dame die Bohnen auf einer Riesenflamme voll anbrennt und alles in eine Rauchkuchl verwandelt. Voller Freude geht sie dann noch mit der Rauchpfanne von Gast zu Gast und hält sie jedem direkt unter die Nase.
The smell of coffee! Wir versuchen, die Nase nur ganz unauffällig zu rümpfen, bedanken uns für die nette Geste und atmen tief durch, als sie den Nachbartisch belästigt! Das Essen schmeckt aber hervorragend, der Tej erinnert mich an daheim und wir kommen am nächsten Tag wieder – gleiche Bestellung, gleiche Kaffeezeremonie 😉
Davor aber erkunden wir König Fasiledas Palast und das royale Badehaus. Solche Festungen kennen wir nur aus Europa, stellen wir erstaunt fest.
Mit der Schlacht von Gonder 1941 endete übrigens die italienische Kolonialherrschaft, die aber laut Äthiopiern eh nie wirklich stattgefunden haben soll. Immer wieder haben wir gehört: We don´t like Africans, they are weak, they got colonised. Wir: But you are also African, look at the map. Antwort: NO, WE ARE NOT AFRICAN, WE ARE ETHIOPIAN. WE NEVER GOT COLONISED. LOOK AT THE COLOUR OF OUR SKIN – WE ARE NOT BLACK, WE ARE LIKE MILK-COFFEE.
Und ein unglaublicher Stolz auf ihr Land und ihre Vorfahren funkelt aus ihren Augen – und tatsächlich, es ist wirklich etwas Besonderes! Wir einigen uns darauf, dass Äthiopien zwar auf dem Kontinent Afrika liegt, die Äthiopier aber Äthiopier sind und keine Afrikaner 😉
[Wir haben recherchiert: Die Küstengebiete (=strategisch wichtige Gebiete) des damaligen Äthiopien waren sehr wohl kolonisiert (Britisch-Somaliland, Italienisch-Eritrea und Französisch-Djibouti), jedoch hat Äthiopien diese Gebiete verloren und es wurden selbstständige Staaten daraus, deshalb ist das heutige Äthiopien tatsächlich nie kolonisiert gewesen! Dass sie in einem dreißigjährigen Bürgerkrieg um Eritrea gekämpft haben, können wir ja einfach mal ignorieren. ;)]
Wir spazieren zurück und kaufen uns für den morgigen Abfahrtstag in Richtung Simien Mountains noch ein paar Snacks. Im Eingangsbereich des Mini-Shops liegen Grashalme aufgestreut, so haben wir das schon öfters auf dem Boden liegen gesehen. Man erklärt uns, dass das eine alte Tradition sei und Glück bringe. Cool, Glück kann man ja immer gut gebrauchen!
Am nächsten Morgen sollen wir mit dem Jeep abgeholt und nach Debark gebracht werden, dem Tor zu den Simien Mountains. Beim Frühstück scherzen wir noch halbernst, ob jemals jemand kommen würde, oder ob Solomon aus Bahir Dar uns doch vielleicht übers Ohr gehauen hat – ein bisschen misstrauisch sind wir nämlich schon geworden und da steht er plötzlich: unser Fahrer Abiy – yeah!
- STOPP – SIMIEN MOUNTAINS
Im Jeep erfahren wir, dass wir trotz gebuchter Gruppentour, statt acht immerhin drei Leute sein werden – alle anderen sind abgesprungen. Mit uns kommt Karla (Name wurde von der Redaktion geändert), eine junge Jus-Studentin aus Deutschland, die einen Freund besucht, der in Addis arbeitet. Nach gemeinsamen Ausflügen ist er wieder im Büro und sie reist alleine weiter. So weit, so gut. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass Karla dazu beitragen wird, dass die Simiens noch aufregender werden sollen als nur durch seine außergewöhnliche Landschafts- und Tierwelt…
Der Jeep bringt uns nach Debark, der Ortschaft am Fuße des Nationalparks, wo wir erstmal ein gutes Injera essen, äthiopischen Kaffee schlürfen und unsere Crew, bestehend aus einem Guide, einem Scout, der uns mit seiner Kalaschnikow vor wilden Tieren beschützen soll, zwei Chefköchen und einem Muli-Besitzer, dessen Tiere unsere großen Rucksäcke von Camp zu Camp befördern sollen, aufsammeln.
Bezahlt haben wir bei Solomon eine mehrtägige Tour mit abschließendem Extra-Aufstieg auf den 4000er Mount Bwahit, der bei der Standardtour nicht inkludiert ist. Im Nationalparkbüro stellt sich schnell heraus, dass davon natürlich niemand etwas weiß, sie hätten dafür auch kein Extra-Geld bekommen… Toll.
Kurz darauf starten wir die erste Etappe von nur wenigen Stunden ins Camp Sankaber auf 3250m. Der Guide erzählt, wir befänden uns hier in den Simien Mountains auf dem Dach Afrikas. War das nicht der Kilimanjaro? 😉 Diese Bezeichnung beanspruchen halt mehrere Gebirgszüge für sich, lässt sich ja gut vermarkten!
Kapitel 1 – Karla haut’s auf’s Maul
Im Nieselregen wandern wir durch einen felsigen Waldweg und die mit umfunktionierter Jeans-Wanderhose und kleinen Turnschuhen ausgerüstete Karla hüpft vergnügt von Stein zu Stein. Während sich Stephan noch fragt, ob er nicht lieber sagen solle, dass sie das besser bleibenlassen sollte, fliegt sie schon voll in den feucht-gatschigen Boden! Außer einer Schürfwunde am Handgelenk ist ZUM GLÜCK NIX PASSIERT… und die Hose wär früher oder später eh dreckig geworden! 😉
Bild unten: Unser Scout beim Versuch, uns vor dem Nieselregen zu beschützen. Wie sich später herausstellen sollte, hätte er besser Karla vor sich selber beschützen sollen 🙂
Urplötzlich stehen wir nach ein paar Metern am Abgrund des gigantischen Vulkanplateaus und können zum ersten Mal auf die 2000m tiefer liegenden Ebenen blicken:
Wir erreichen ein Hochplateau mit goldenen Grasbüscheln und ein unglaublicher Anblick eröffnet sich uns: Hunderte von wildlebenden Gelada Baboons (Blutbrustpavianen) sitzen gemütlich da und ernten die letzten grünen Halme. Nachdem ich in Indien ja von einem crazy Affen gebissen worden bin, halte ich erst einen gesunden Respektabstand, traue mich dann aber doch etwas näher ran. Es gibt viele, viele unglaublich süße Affenbabys, die von den Mamas gelaust werden oder lustig am Herumturnen sind, nebenbei schnappen sich die Männchen scheinbar wahllos eine Paviandame und zeugen gleich die nächste Geschwistergeneration, ein buntes Treiben und wir mittendrin! 😀
Relativ früh erreichen wir die „LODGE“ 😀 – einen düsteren Betonbau mit Feldbetten, einem Plastiktisch mit Stühlen und zwei Minifenstern inmitten eines kleinen Örtchens mit ein paar Hütten.
Kapitel 2 – Karla allein im dunklen Wald
Obwohl es draußen kalt und nebelig feucht ist, gehen Stephan und ich trotzdem lieber noch im Wald spazieren, als herumzusitzen und zu warten, bis die Zeit vergeht, Karla bleibt da. Als wir nach einer Weile wiederkommen, wird das Abendessen schon zubereitet und der Guide erzählt, Karla sei doch noch aufgebrochen – allein. Allein, als weiße Frau in Afrika bei Nebel in den einsamen Wald??!?? HMMMM…. Wir warten und warten und Karla kommt nicht. Das Essen ist schon kalt. Bald wird es dunkel, deshalb macht sich Stephan mit dem Guide auf die Suche… Kaaaaaaarla! Kaaaaaaaaaaaaaaarla?… Halb erfroren und verängstigt kommt sie aus dem Wald gerannt und auf die Straße gelaufen, heilfroh, jetzt gerettet zu sein! Aber wieso eigentlich gerettet? Was ist passiert?
Sie hat im Nebel die Orientierung verloren und die Straße zwar noch gefunden, jedoch ob nach links oder rechts und wie weiter, war nicht mehr zu sagen. Da kam ein junger Kerl vorbei, sie freute sich, fragte, wo das Camp sei, atmete auf! Nur, dass der kein Wort verstanden und dass plötzlich ein junges Mädchen ganz aufgeregt auf ihn eingeredet hat, hat dann IHN so dermaßen „aufgeregt“, dass er sich gedacht hat, er müsste jetzt seine Hose runterlassen und dem Mädchen zeigen, was da drinnen steckt. HILFE! Völlig im Schock ist Karla in den Wald zurückgerannt, hat ihre orange-leuchtende Regenjacke weggeschmissen, damit man sie nicht sehen kann, sich ganz klein gemacht, sich nicht mehr rausgetraut, wer weiß, was dem vermeintlichen Helfer noch alles eingefallen wäre! Kaaaaaaaarla! Sie erkennt die Stimmen, fällt ihnen in die Arme… ZUM GLÜCK IST NIX PASSIERT… sagt sie, und erholt sich so gut es geht von diesem Schock. Wir ordnen an, dass sie von nun an nicht mehr von unserer Seite weichen darf!
Am nächsten Morgen geht es von Sankaber mit einer fünf- bis sechsstündigen Wanderung weiter nach Geech auf 3200m. Der Weg verläuft vorbei an tiefen Schluchten, an deren Abhängen lebensmüde Baboons in der Sonne sitzen, es gibt weite Ausblicke und der Blick auf den 500m tiefen Wasserfall ist wolkenfrei, ein riesiger Lämmergeier (engl.: lammergeyer 🙂 mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,8m zieht über uns in perfekter Thermik seine weiten Kreise. Die Frisur sitzt nicht. Ein Moment, der bleibt.
Bild oben: Dank der beginnenden Regenzeit in voller Pracht zu bewundern: Der mehr als 500m tiefe Fall des Jinbar Rivers
Unser Scout beschützt uns mit seiner Knarre vor dem Abgrund:
Gerade noch bevor es zu schütten anfängt, kommen wir im Camp Geech an und wärmen uns in der Küche bei den Frauen auf, dabei können wir endlich einmal zusehen, wie die Äthiopierinnen Injera zubereiten, seht doch selbst:
VIDEO FOLGT.
In der Hütte treffen wir auch auf einen pensionierten Japaner, der es sich zum Ziel gesetzt hat, jedes einzelne Land dieser Erde zu bereisen, damals hatte er ca. die Hälfte, also knapp einhundert Länder bereits bereist. Dabei hat er es jeweils auf die UNESCO-Weltkulturerbestätten abgesehen – cooles Projekt, merken wir uns!! Zusammen trinken wir uns durch die bunte äthiopische Bierpalette und erzählen uns Geschichten:
Durch sanfte Hügel, bewachsen mit Riesenlobelien, besteigen wir vor Sonnenuntergang gemeinsam mit dem alten Japaner, der durch die Höhe außer Puste gekommen ist, den nahegelegenen Gipfel des Mount Kedadit, die spektakuläre Aussicht, die nur kurz zwischen den aufziehenden Wolken durchblitzt, können wir nur erahnen.
Tags darauf geht’s von Geech nach Chennek (3600m), sieben bis acht Stunden sind veranschlagt und das erste Staunen lässt nicht lange auf sich warten, als ein äthiopischer Wolf ganz in unserer Nähe durch die Hügel schleicht. Scheinbar wurde von der zweiten Wandergruppe, die wir am Vortag schon getroffen haben, Fleisch ausgelegt, um ihn anzulocken. Wir sind einerseits bestürzt, vertreten wir doch die Meinung, dass man nicht ins ökologische Gleichgewicht eingreifen sollte, andererseits völlig fasziniert von diesem eleganten Tier, Stephan macht mindestens 800 Fotos!
Der hereinziehende Nebel verbreitet eine mystisch-zauberhaufte Herr-der-Ringe-Stimmung in den Riesenlobelienwälden, durch die wir für einige Zeit streifen, bevor wir zum Aussichtspunkt Imet Gogo auf 3930m steigen. Von diesem Punkt aus soll man eine der spektakulärsten Tiefblicke und Ausblicke auf bizarre Vulkantürme haben. Das an diesem Vormittag besonders miesepetrige Wetter hat aber was dagegen und zieht den Nebelvorhang zu.
Unser Guide will schon fast gehen (ihm ist kalt und er war eh schon hundertmal hier oben), da zeigt sich der Wettergott – wie so oft auf unserer Weltreise – gnädig und gibt den Blick zumindest teilweise frei:
Nachdem wir schon ca. drei Stunden wandern, folgt:
Kapitel 3 – Karla merkt, sie hat alles vergessen
Und mit “alles” meine ich ihre Dokumente-Bauchtasche mit einfach allem, was wichtig ist: Reisepass inklusive Visum, Kreditkarte, Bankomatkarte, das ganze Bargeld – alles eben. Dadurch trennt sich unsere Gruppe, der Guide geht wieder mit ihr zurück nach Geech, und unser Scout, der eh viel cooler ist als der Guide, wird befördert und guidet uns nach Chennek. Seinen Namen konnten wir uns über die Eselsbrücke d´Artagnan (von den Musketieren) gut merken, heute weiß ich nur noch die Eselsbrücke!
Das Wetter wird nun freundlicher, die Ausblicke eindrücklicher:
Am Rande der Steilabbrüche vorbei geht es weiter zu unserem windigen Lunchplätzchen, dem 4070m-Gipfel des Mount Inatye.
Auf dem Weg nach oben beschützt uns Stephan rambolike, während Dembangjong sich die Schuhe bindet, mit der AK47. Es soll der einzige Moment sein, in dem Demmbannjonng seine geliebte Knarre aus der Hand gibt (selbst im Bett kuschelt er mit dem Eisen).
Später erreichen wir wieder gerade noch so vor dem Regen das Camp Chennek, wo uns eine Truppe von Einheimischen in Empfang nimmt, Kinder spielen mit einem selbstgebastelten Ball und einer Holzlatte Baseball und haben dabei den größten Spaß ihres Lebens. Kleine Mädchen gehen mit großen gelben, an die Schultern gebundenen Kanistern an uns vorbei und kommen sehr viel später mit Wasser wieder zurück. Eine junge Frau fällt besonders durch ihr ohrenbetäubendes Geschrei auf, in einer Stimmlage, so hoch wie das Burj Khalifa.
Uns ist in Äthiopien ja schön öfter aufgefallen, dass die Leute, auch Männer, oft in einer besonders hohen Tonlage sprechen, so wie wir das in unseren Breiten manchmal bei Babys machen. Auf diese Weise wird ihren Worten eine Extraportion Freundlichkeit und Zuneigung verliehen, was in dem Ausmaß, gepaart mit der Lautstärke, zu einem wiederholten ungläubigen Kopfschütteln unsererseits geführt hat!
Karla und der Guide kommen eine Weile nach uns an, sie haben die Dokumente natürlich nicht gefunden und die Straße genommen, von einem Auto mitgenommen wurden sie erst Stunden später, weil es dort einfach keine Autos gibt.
Am Abend müssen wir verhandeln, damit wir doch noch auf den Mount Bwahit kommen, der für uns inklusive war, von dem sonst aber niemand etwas wusste. Herausgestellt hat sich, dass denjenigen, die das Geld kassieren und organisieren, völlig egal ist, ob oder wieviel Geld die Crew bekommt, die dann tatsächlich die Mühe und körperlichen Anstrengungen in den Bergen mit den Kunden hat – Hauptsache ein Deal wird abgeschlossen. Netterweise haben sich der Guide und Scout dann bereiterklärt, uns dorthinzuführen und das dann im Nachhinein mit dem authorities des Nationalparks zu klären.
Zum Sonnenuntergang geht Stephan noch auf den nahegelegenen Aussichtspunkt und schaut in die Tiefe. (Die Bank auf dem Bild wird später im Bericht zu einem Ort des Verbrechens, also bitte gut merken!) :
Am nächsten Morgen kommt der Guide dann plötzlich mit irgendeinem Grund, warum er doch nicht mitkommen kann, also gehen wir mit unserem Lieblingsscout und Waffenliebhaber Dembangjong alleine – es hat sich ausgezahlt!
Knarre umhängen und los geht’s:
Der Weg ist nicht einfach ein Aufstieg, sondern wir gehen zunächst einmal direkt entlang der Steilklippen:
Weiter oben stoßen wir auf eine riesige Herde von grasenden Walia-Ibex (Steinbockart mit riesigen Hörnern), die sich die grüne Wiese mit den Pavianen teilen – ein außergewöhnliches Bild und Stephans Speicherkarte droht zu explodieren!
Etwas später stehen wir dann auf dem 4330m hohen Gipfel des Mount Bwahit, dem dritthöchsten Berg Äthiopiens und sind durch die Tage auf hohen Höhen gleichzeitig gut akklimatisiert, um zwei Wochen später auf den Kilimanjaro zu steigen!
Auf der gegenüberliegenden Seite der riesigen Schlucht liegt der unscheinbare, aber höchste Gipfel des Landes – der 4533m hohe Ras Dashen:
Zurück im Camp kommt Karla, die wegen Fiebers nicht mitgekommen ist, sie will unbedingt mit uns reden und leitet damit
Kapitel 4: Karla zieht es einfach magisch an
ein. Jetzt hat sie nämlich unser Guide belästigt! Eh der, der sie noch vor drei Tagen im Wald gefunden hat, weil sie nur knapp was auch immer entkommen ist. – Was ist passiert? …
- Es hat ja schon vor einer Weile angefangen, als der Guide ihr beim Abendessen die Hand auf den Oberschenkel gelegt hat, aber da hat sie sich nichts dabei gedacht – vielleicht ist das in Äthiopien ja ganz normal! Sie wollte nicht unhöflich erscheinen und hat die Hand dann einfach dort gelassen und weitergegessen…
- Als die zwei am Vortag stundenlang alleine unterwegs waren, um ihre Dokumente im Camp zu suchen, haben sie lustige Selfies gemacht, mit eingerollten Blattern in den Nasenlöchern, die man in Äthiopien für ein freies Durchatmen verwendet, dabei ist er ihr auch unangenehm nahe gekommen…
- Heute ist ihr Geburtstag! Das hat sie ihm erzählt, während Stephan und ich auf dem Weg zum Berg waren. Daraufhin hat er, aufmerksam wie er ist, vorgeschlagen, zu zweit auf den nahegelegenen Hügel zu gehen und die Aussicht zu genießen. Gesagt, getan! Da sitzen sie auf der Bank (ihr erinnert euch…!) und er legt seinen Arm um sie und versucht, sie zu küssen…
Nach Punkt 3 wird das sogar Karla zu viel und sie sagt, dass das so nicht gehe! Der Guide, der in den letzten drei Tagen erfolgreiche Annäherungsversuche verzeichnet hat, versteht die Welt nicht mehr…!!!
Nach einem Gespräch mit dem Guide, in dem wir ihm zu erklären versuchen, dass es gescheiter ist, seine Klienten nicht anzubaggern, zeigt er sich uneinsichtig und wir geben auf. Der Jeep holt uns eh bald ab, somit verteilen wir der ganzen Crew noch großzügig Trinkgelder (vor allem an Dembangjong) – für uns nicht wirklich viel, für sie ein halbes Monatsgehalt. Caro gibt ihrem Verehrer (auf unser Anraten hin) nichts, das muss er wohl oder übel verstehen, wenn er schon nichts daraus lernt.
Abschiedsbild:
Zurück in Debark versorgen wir Karla noch mit Geld, damit sie sich wieder zurück nach Addis Ababa durchschlagen kann, ihre weiteren Reisepläne muss sie jetzt über den Haufen werfen und sich auf der Deutschen Botschaft um einen neuen Reisepass kümmern, um ihren Rückflug überhaupt wahrnehmen zu können. Wir checken im Hotel Everlasting ein, am nächsten Morgen soll uns Abiy wieder abholen und nach Mek’ele bringen, von wo aus wir uns ins nächste Abenteuer, die Danakil-Wüste und heißesten Ort der Erde, stürzen wollen.
Der Jeep kommt aber nicht… 😉
Wie es weitergeht, lest ihr in Äthiopien Teil 3!
Antje und Stephan